Ordnungsrahmen antiker Ökonomien – Ordnungskonzepte und Steuerungsmechanismen antiker Wirtschaftssysteme im Vergleich

Ordnungsrahmen antiker Ökonomien – Ordnungskonzepte und Steuerungsmechanismen antiker Wirtschaftssysteme im Vergleich

Organisatoren
Sven Günther, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Ort
Mainz
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.09.2010 - 26.09.2010
Url der Konferenzwebsite
Von
Sven Günther, Historisches Seminar - Alte Geschichte, Johannes Gutenberg-Universität Mainz / Anna-Schmidt-Schule, Frankfurt am Mainz; Jeorjios Beyer, Historisches Seminar - Alte Geschichte, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Aus der bis vor Kurzem intensiv geführten Diskussion um Ursachen, Folgen und Konsequenzen aus der Finanz‐ und Wirtschaftskrise hat sich in jüngster Zeit ein Diskurs um staatliche Eingriffsmöglichkeiten und die Frage der Sinnhaftigkeit von Regulierungen entwickelt, der auch die Beschäftigung mit der antiken Wirtschaft erreicht hat. Die seit einigen Jahrzehnten als "Fortführung" der seit Finley und Rostovtzeff geführten traditionellen Debatte um den Charakter der antiken Wirtschaft verstandene Konzeption des sogenannten Neo-Institutionalismus bietet dabei einen "dritten Weg" an, dessen Konturen aber noch nicht hinreichend geschärft zu sein scheinen und nach wie vor in kritischer Diskussion stehen.

Eine von SVEN GÜNTHER (Frankfurt am Main) organisierte interdisziplinäre Tagung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus dem gesamten Bereich der Altertumswissenschaften versuchte daher, einen Beitrag zur Klärung der "in der Antike vorgegebenen Ordnungsrahmen ökonomischen Handelns" zu leisten. Dabei wurde mit dem Begriff "Ordnungsrahmen" dem weitgehend von der modernen Ökonomieforschung theorisierten neo-institutionalistischen Ansatz bewusst ein offeneres Diskussionskonzept zur Seite gestellt, um eine kritische Betrachtung der bislang zur Beschreibung der antiken Ökonomie herangezogenen Modelle zu ermöglichen.

In mehreren Sektionen wurden ebenso politische und rechtliche Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebenden Eingriffsmöglichkeiten in ökonomische Prozesse wie die zugrundeliegenden wirtschaftsgeographischen, gesellschaftlichen, kulturellen oder religiösen Mechanismen thematisiert.

Fünf Beiträge widmeten sich dabei zunächst dem Wirtschaftsleben Griechenlands von frühester Zeit bis in den Hellenismus.

Den Beginn machte BIRGER P. PRIDDAT (Witten‐Herdecke), der Aristoteles' Schriften im Hinblick auf seine Konzeption von Ökonomie untersuchte. Von besonderem Interesse für die Tagung war dabei der Blick von "außen", vom Standpunkt der Philosophie, auf die Entwicklung der aristotelischen Vorstellung der Ökonomie und auf die Probleme der Übertragbarkeit moderner Vorstellungen und Begriffe auf die Bedingungen antiken Wirtschaftens. Priddat legte dabei besonderes Gewicht auf die Feststellung, dass die Ausführungen des Aristoteles nicht als Zustandsbeschreibung der athenischen Wirtschaft der klassischen Zeit zu verstehen seien, sondern als eine theoretische Konstruktion, die ein konservatives, aristokratisches Denken offenlege. Die konkrete Umsetzung der Ausführungen Priddats auf die historisch fassbaren Fakten allerdings erwies sich – man möchte meinen geradezu zwangsläufig – als problematisch, wie die anschließende Diskussion aufzeigte, die sich neben der terminologischen Bestimmung der von Priddat zur Beschreibung des aristotelischen Ökonomieverständnis ins Feld geführten, aus dem Neo-Institutionalismus herstammenden "Transaktionskostentheorie" vor allem mit dem konkreten Status der Metöken in verschiedenen Poleis beschäftigte.

Selbst wenn in vielen Bereichen eine detaillierte Kenntnis der Organisation der klassischen Poliswirtschaft und des staatlichen Finanzwesens fehlt, zeigte DOROTHEA ROHDE (Bielefeld) anschließend vor allem am Vergleich der unterschiedlichen Konzeptionen der "Besteuerung" der beiden wichtigsten Poleis Sparta und Athen, dass jenseits staatsphilosophischer Diskurse die Vorstellungen von Bürgerpflichten und gesellschaftlichen Idealvorstellungen eine wichtige Grundlage für die Akzeptanz der notwendigen Abgaben waren. Auf diese Art ließen sich nach ihr auch die historisch bedingten Systemunterschiede zwischen den beiden erklären, die vor allem in den Zeiten der intensiven militärischen Auseinandersetzung evident würden: Das in Athen etablierte System der Leiturgien habe sich so in Sparta nicht verwirklichen lassen, da dies dem dort vorherrschenden Gleichheitsgrundsatz entgegengestanden habe.

Nach diesen beiden Vorträgen zur Erfassung griechischen Ökonomiedenkens führten die Ausführungen von JOSEF FISCHER (Wien) an den Beginn der griechischen Wirtschaftsgeschichte. Die im Rahmen seines Referats vorgeführten Inschriftentexte (Linear-B-Täfelchen) vermittelten einen Eindruck von der Bandbreite der in diesen dokumentierten landwirtschaftlichen und handwerklichen Tätigkeiten. Sie gewährten ebenso Einblicke in die Nutzung verschiedener Nutzpflanzen wie in die Organisation von Ackerbau, Viehhaltung und Textilproduktion in mykenischer Zeit. All diese wirtschaftlichen Prozesse waren dabei auf den zentralen Palast hin ausgerichtet, der als bestimmender Rahmen für alle Bereiche der Ökonomie fungierte – und letztlich auch für die Entstehung dieser für die Frühzeit so immens wichtigen Verwaltungstexte und Listen sorgte.

In Grundverständnis und Disposition erweisen sich nach Meinung von SVEN GÜNTHER (Frankfurt am Main) hingegen die ökonomischen Schriften Xenophons als eher didaktischen Prinzipien folgende, Ordnungsrahmen vorgebende Traktate denn als realiter zu lesende historische Literatur. Dies konnte er am Beispiel des Perserkönigs, der in diesen als idealer Ökonom erscheint, aufzeigen. Die bislang geführte Forschungsdiskussion um die Darstellung des Perserkönigs im Oikonomikos und der Kyrupädie, die um die "reale" bzw. "idealisierte" Darstellung persischer Herrschaft durch Xenophon kreise, sei daher um die alles überragende didaktische Funktion der Perserköniggestalt im Kontext der beiden Schriften zu ergänzen. Xenophon habe so vor allem die Gestalt des Perserkönigs Kyros bewusst eingesetzt, um an diesem Exemplum dem Leser seine ökonomische Ordnungskonzeption zu verdeutlichen. Letztlich habe also der Perserkönig in Form des idealen Ökonomen als Beispiel für ein erfolgreiches Umsetzen von Xenophons ökonomischem Ansatz, durch Ordnung ein Sicherungsnetz gegen die alltägliche Kontingenzerfahrung auch im ökonomischen Bereich zu spannen, gedient.

Listen, jedoch ganz anderer Art als diejenigen der Linear-B-Täfelchen Fischers, behandelten anschließend KATJA BURGMEISTER und LARA SOPHIE KÖCKE (Bochum). Sie untersuchten Inschriften aus dem hellenistischen Milet mit Blick auf wirtschaftlich tätige Frauen. Sie konnten dabei nachweisen, dass in den erhaltenen Aufzählungen von Stiftern die bis dahin aus Sicht der Forschung ökonomisch marginalisierten Frauen durchaus eine Rolle spielen konnten, selbst wenn sie in der Regel in Vertretung oder unter ihren Männern agierten. Die Ausführungen von Burgemeister und Köcke zeigten, wie wichtig prosopographische Untersuchungen, hier besonders von Familienstrukturen, auch für die Analyse lokaler und regionaler Wirtschaften sein können.

Die weiteren Vorträge thematisierten dann Themen der römischen Zeit und deckten die gesamte Zeitspanne von der ausgehenden Republik bis in die Spätantike ab.

Auf eine ganz besondere Weise stellte CHRISTIAN ROLLINGER (Trier) den prosopographischen Aspekt ins Zentrum seiner Betrachtungen, indem er den außergewöhnlich hohen Stellenwert persönlicher Kontakte (Stichwort: amicitia) zwischen Angehörigen der römischen Oberschicht für den Geldverkehr der Späten Römischen Republik unter dem Aspekt der Netzwerktheorie untersuchte. Für das Kredit- und Darlehenswesen nämlich, für "Überweisungen" und verwandte, gewissermaßen bargeldlose Finanztransaktionen sei nämlich das Vorhandensein eines funktionierenden Netzwerks unerlässlich gewesen, das auf den gegenseitigen Abhängigkeiten, auf Dienste und Gefälligkeiten sowie auf einem an moralischen Codes orientierten Gefühl des Verpflichtetseins basiert habe. Trotz des persönlichen Charakters solcher Netzwerke lasse sich dann auch für die ausgehende Republik ein hoher Organisationsgrad von Transaktionen der angesprochenen Art konstatieren und herausarbeiten.

Dass Angehörige des Senatorenstandes sich – entgegen der Annahme einer reichen, auf politisches Wirken konzentrierten, ansonsten aber eher konsumierenden gesellschaftlichen Gruppe – intensiv mit den Strukturen und Bedingungen ökonomischen Handelns auseinandersetzten, zeigte darauf SVEN PAGE (Darmstadt). Am Beispiel des sattsam bekannten Briefcorpus Plinius' d.J. versuchte er nachzuweisen, dass Plinius selbst in die Produktionsabläufe seiner Landgüter steuernd eingegriffen habe – durchaus auch mit dem Ziel einer "Gewinnmaximierung". Page vertrat dabei die Auffassung, dass hinter diesen Aktivitäten, wenigstens bei dem ökonomisch-administrativ erfahrenen Plinius, ein gedankliches Ordnungskonzept stehe, das auch komplexe wirtschaftliche Abläufe essentiell bestimmt habe. Wie sich jedoch nachgewiesenermaßen leitende Aufgaben der Villenverwalter in diese Vorstellung einfügen lassen, blieb in der Diskussion zunächst offen, wobei Pages Hinweis auf das nur pointierte Eingreifen seitens Plinius in "Krisensituationen" und wohl nicht in das Tagesgeschäft wenigstens im Falle der plinianischen Landgüter in die richtige Richtung weisen dürfte.

GÜNTER SCHARTMANN (Heidelberg) zeigte anhand der Analyse der zentralen Passagen zur vielbehandelten "Krise des Jahres 33 nach Christus" bei Sueton, Cassius Dio und Tacitus einmal mehr plastisch, wie stark sich moderne Begrifflichkeiten auf die Deutung antiker Quellen auswirken können. Handelte es sich bei den Ereignissen von 33 nach Christus um eine Finanzkrise, eine Kreditkrise, eine Wirtschaftskrise? Aus den Quellen ließen sich so unter modernen Deutungsbestrebungen mehrere konkurrierende Szenarien erstellen, die jedoch alle im Prinzip darauf hindeuteten, dass es sich bei der beschriebenen Krise nicht um die Folgen längerfristiger Fehlentwicklungen handele, sondern eher um eine "kurzfristige, künstlich herbeigeführte und durch Spekulationen zeitweise verstärkte Kreditkrise". Die Nähe des staatlichen – in diesem Fall kaiserlichen – Eingreifens durch Vergabe von zinslosen Darlehen mit dem Ziel der Umschuldung erinnere trotz aller gebotenen Vorsicht in vielen Aspekten an den Beginn der aktuellen Krise mit all ihren aufgespannten "Rettungsschirmen".

Einen Sonderfall ökonomisch relevanter Institutionen der Römischen Kaiserzeit, die Provinziallandtage, behandelte anschließend BABETT EDELMANN‐SINGER (Regensburg). Sie demonstrierte die Funktionsweisen, die Organisationsformen und die Abläufe dieser Einrichtung vor allem im Hinblick auf die Finanzierung und ökonomische Aktivität. Die römische Reichsadministration habe so über diese Institution die bestehenden Netzwerke der Provinzen genutzt, die sich bereits im Alltag bewährt hätten. Sie hätten letztlich nämlich reibungsfreier als die neu eingeführten Strukturen der Reichsadministration funktioniert. Die ökonomische Funktion und das fiskalische Potential der Provinziallandtage seien deshalb nicht zu unterschätzen gewesen. Aber auch die Tatsache, dass die Organisationsform "Provinziallandtag" vom Kaiser ebenso wie von Provinzialen für eigene Belange instrumentalisiert werden konnte und somit die geeignete Schnittstelle für den Kontakt zwischen den beiden Parteien bildete, habe Auswirkungen auf die Effektivität der Nutzung der ökonomischen Ressourcen gehabt.

Eines der großen kontroversen Themen der antiken Wirtschaftsgeschichte, die Entwicklung des spätrömischen Kolonats, war Thema des Vortrags von OLIVER SCHIPP (Mainz). Hier stand die Setzung der rechtlichen Rahmenbedingungen des 4. Jahrhunderts nach Christus im Vordergrund, und mit ihr die Verschiebung hin zu einer Bodenbindung der Pächter. Dieser Paradigmenwechsel, der sich besonders gut an den Gesetzgebungsmaßnahmen ablesen lasse, habe auch ökonomische Folgen gezeitigt: Die Verhinderung des freien Wettbewerbs und die Einschränkung der Möglichkeit bedarfsorientierter Verteilung der Arbeitsleistungen hätten letztlich dazu geführt, dass die zuvor zumindest im Ansatz vorhandenen Mechanismen der Wettbewerbssteuerung außer Kraft gesetzt worden seien und so Effektivität und Rentabilität der Produktion deutlich herabgesetzt hätten. Inwiefern sich solche einschränkenden Ansätze bereits in der Frühen und Mittleren Kaiserzeit, etwa in den Bergwerksordnungen von Vipasca, auf Seiten der kaiserlichen Domänenverwaltung gezeigt und als Vorbild für den "privaten" Bereich gedient hätten, blieb eine in der Diskussion aufgeworfene Frage, für welche die Forschung verschiedene konkurrierende Antworten gefunden hat.

Deutlich konkreter leuchteten die Vorträge von ULRIKE EHMIG (Frankfurt) und KERSTIN DROß (Marburg) die Modalitäten wirtschaftlicher Abläufe aus. Ehmig skizzierte das strukturelle Ineinandergreifenden von Produktion, Distribution und Konsumption von Massenwaren am Beispiel kaiserzeitlicher Amphoren. Durch ihre intensiven Untersuchungen an diesem archäologischen Gegenstand in den Nordwestprovinzen des Imperium Romanum konnte sie gut belegt einer weitverbreiteten Einschätzung entgegentreten, nach der die Unterschiede in der Verteilung von Amphoren auf ethnische Zusammenhänge oder die unterschiedliche Funktion von Orten für die römische Besatzung zurückzuführen seien. Vielmehr seien bei der Distribution, etwa von einem Provinzzentrum in das Hinterland, praktische Erwägungen entscheidend gewesen. Insofern habe es beispielsweise keinen "Widerstand am Esstisch" gegen die römische Kultur in weniger von Römern denn von Einheimischen besiedelten Räumen gegeben, sondern es seien praktischerweise die in kleineren Orten geringer benötigten Mengen in andere Gefäße abgefüllt worden. Der Primat der Praktikabilität gelte ebenso für die Gefäßproduktion, wo eine "produktive Nähe" das Handeln der Wirtschaftsakteure bestimmt habe, was Ehmig anhand der Similis-Amphoren aufzeigte. In der Diskussion relativierte Ehmig auch den bislang als hoch eingeschätzten Faktor des römischen Militärs bei der Ausgestaltung der provinzialen Ökonomie, dem ihrer Meinung nach eher eine belebende Initialzündung denn eine umgreifende Änderung der wirtschaftlichen Abläufe in den Provinzen zukomme.

Einen durchaus vergleichbaren Wirtschaftssektor, die Textilwirtschaft, thematisierte KERSTIN DROß. In diesem Falle ermögliche es die Quellenlage – vor allem ägyptische Papyri –, in einem bis ins Detail organisierten Wirtschaftsbereich die einzelnen Abläufe zu untersuchen und das enge Zusammenwirken von Textilproduktion und Staat, die Tätigkeiten von Steuerpächtern und Handwerkervereinen, aber auch die Art und Weise der Vergabe staatlicher Aufträge oder die Modalitäten der Einziehung von Lizenzsteuern zu dokumentieren. Dies sei insofern von besonderer Aktualität, als das Imperium Romanum das singuläre Beispiel eines einheitlichen antiken Wirtschaftsgebiets sozusagen globalen Ausmaßes gebildet habe. Dass auch bei der Textilproduktion das römische Militär einen wichtigen, jedoch nicht einen exklusiven Faktor darstellte, zeigte Droß eindrucksvoll an einigen Beispielen auf.

Die Effekte des Ausbaus und der Nutzung von Infrastruktur und Ressourcen in eher regionalem Kontext behandelten schließlich die Beiträge von ANDREAS HENSEN (Heidelberg) und ALEXANDER VÖGLER (Darmstadt). Hensen stellte zunächst den Befund der Nekropole des römischen Kastellvicus von Heidelberg vor. Hier ließ sich eine Veränderung der Beigabenpraxis konstatieren, die Hansen auf einen Versorgungsengpass zurückführte. Die Zunahme von modifizierten Öllämpchen (veränderte Größe, nachträgliche Bearbeitung) in den Gräbern, die mit Talg betrieben worden seien, versuchte er auf eine Verknappung der Ressource Öl und, in "globalem" Maßstab, einer Verschiebung der Handelsströme zurückzuführen, eine These, die im Rahmen der Diskussion nicht unwidersprochen blieb.

Die Nutzung des Schiffsverkehrs in den germanischen Provinzen, die Förderung der Fluss-Schifffahrt für bestimmte Güter – allen voran schweres Baumaterial – und den Ausbau der Infrastruktur nahm Vögler in den Blick. Er führte unter anderem anhand der archäologischen Befunde die Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur durch Baumaßnahmen wie den Bau von Kanälen, das Auspflügen von Fahrrinnen oder die Stabilisierung bzw. Sicherung von Sandbänken und Ufern vor. Gerade im Bereich der Infrastruktur lasse sich so die gezielte Förderung ökonomischer Rahmenbedingungen gewissermaßen an ihrer Basis untersuchen. Hier wirke der Staat durch die Bereitstellung der notwendigen Voraussetzungen gewissermaßen in seinem ureigensten Element.

Das so aktuelle Phänomen regulierender staatlicher Eingriffe in die Wirtschaftsprozesse, das in dem Eingangsvortrag Tobias Bayers von der Financial Times Deutschland ("This time is different – von Krise zu Regulierung und wieder zurück") mit Blick auf die Historie der neuzeitlichen Maßnahmen thematisiert wurde, bestimmte – ausgesprochen und unausgesprochen – nahezu alle Beiträge dieses Workshops. Besonders in der Diskussion ließen sich vielfältige Muster staatlicher Einflussnahme identifizieren, in einigen Fällen auch strukturelle Rahmensetzungen beobachten, welche die Bandbreite der Regulierungen in den unterschiedlichen antiken Wirtschaftssystemen bezeugen. Wenn auch die Tagung an den nach wie vor großen Fragen der antiken Ökonomie nur "kratzen" konnte, so hat sie im Hinblick auf die Zielsetzung, einer Konturierung der Bedingungen institutioneller Eingriffsmöglichkeiten festeren Boden zu geben, einen guten Schritt in die richtige Richtung getan. Die geplante zeitnahe Publikation der Beiträge wird dies hoffentlich auch der breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit deutlich machen.

Konferenzübersicht:

Einleitung in den Workshop
Sven Günther (Mainz)

Abendvortrag: Tobias Bayer (Financial Times Deutschland)
This time is different – von Krise zu Regulierung und wieder zurück

Sektion I: Politische Ökonomie(n) in Griechenland

Birger P. Priddat (Witten‐Herdecke)
Aristoteles als Politischer Ökonom

Dorothea Rohde (Bielefeld)
Bürgerpflicht und Gleichheitsideal. ʹBesteuerungʹ und ihre diskursive Grundlagen in Sparta und Athen

Sektion II: Wirtschaftsakteure in der griechischen Geschichte

Josef Fischer (Wien)
Grundzüge frühgriechischer Wirtschaftsgeschichte im Spiegel der Linear B‐Texte

Sven Günther (Mainz)
Zwischen Theorie und Praxis? Der Perserkönig als idealer Ökonom in Xenophons theoretischen Schriften

Katja Burgemeister/ Lara Sophie Köcke (Bochum)
Spenderinnen und Stifterinnen. Zur ökonomischen Rolle der Frauen im hellenistischen Milet

Sektion III: Wirtschaftshandeln der römischen Aristokratie

Christian Rollinger (Trier)
Moral Economy in der römischen Welt? Zur Bedeutung von amicitia und Netzwerken für das Finanzwesen der Späten Republik

Sven Page (Darmstadt)
Wirtschaftliche Fragen und soziopolitische Folgen. Ökonomische Ordnungskonzepte bei Plinius dem Jüngeren

Sektion IV: Ökonomische Ordnungsrahmen in der Römischen Kaiserzeit I

Günter Schartmann (Heidelberg)
Die Krise des Jahres 33 nach Christus

Babett Edelmann‐Singer (Regensburg)
Die finanzielle und wirtschaftliche Dimension der Provinziallandtage in der römischen Kaiserzeit

Sektion V: Ökonomische Ordnungsrahmen in der Römischen Kaiserzeit II

Ulrike Ehmig (Frankfurt)
Produktive Nähe. Archäologische Beobachtungen zu wirtschaftlichen Abläufen in der römischen Kaiserzeit

Oliver Schipp (Mainz)
Ökonomischer Nutzen des Kolonats? Das System der Bodenpacht und die ökonomischen Folgen

Kerstin Droß (Marburg)
Stoff und Staat – Überlegungen zur Interaktion von Textilökonomie und römischer Staatlichkeit im 1.‐3. Jahrhundert Nach Christus

Sektion VI: Infrastruktur und Ressourcenverwaltung

Andreas Hensen (Heidelberg)
Öl für den Norden: Energieversorgung und ‐krise am Beispiel des römischen Kastellvicus von Heidelberg

Alexander Vögler (Darmstadt)
Des Kaisers schwimmende Güter – Flussschifffahrt als wirtschaftsfördernde Maßnahme in den germanischen Provinzen

Abschlussdiskussion
Sven Günther (Mainz)


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